„1:1-Betreuung ist illusorisch“

NWZ-SERIE „GEBURTSHILFE“ - Beleghebamme berichtet vom Alltag auf der Geburtsstation

Quelle: Nordwest Zeitung, vom 22.04.2022, Autor: Imke Harms

WILDESHAUSEN. (IJH) Hebamme Dana Sosna kommt aus dem Kreißsaal, etwas erschöpft wirkt sie, aber ihre Augen strahlen: „Das Baby ist da. Fast fünf Kilo wiegt der Bursche. Alles ist gut gegangen.“ Kollegin Mandy Völsgen kann es sich nicht nehmen lassen, kurz zu der frisch gebackenen Mama ins Zimmer zu schlüpfen und zu gratulieren. Hier im Wildeshauser Krankenhaus Johanneum arbeiten in der Geburtshilfe derzeit fünf freiberuflich tätige Beleghebammen, zudem gibt es noch vier Belegärztinnen und -ärzte. Es stehen zwei Kreißsäle plus ein Familienzimmer zur Verfügung sowie 14 Betten auf der interdisziplinären Station Gynäkologie und Geburtshilfe, wie die Pressesprecherin Ulrike Berg mitteilt.

Weites Einzugsgebiet

Das Krankenhaus ist das einzige im Landkreis Oldenburg mit Kreißsaal, dementsprechend weit ist auch das Einzugsgebiet. Mandy Völsgen hat in den vergangenen 26 Jahren, in denen sie hier tätig ist, ein bisschen Buch geführt, woher die Gebärenden anreisen: Aus den Nachbarlandkreisen Cloppenburg, Diepholz, Nienburg, Vechta, Osterholz-Scharmbeck, aber auch aus der Stadt Oldenburg, aus Delmenhorst oder Bremen. Rund 600 Geburten gibt es hier durchschnittlich pro Jahr, umgerechnet also knapp zwei am Tag. „Aber so genau lässt sich das natürlich nicht planen“, sagt Völsgen, die das System im Johanneum etwas näher erklärt. „Wir Hebammen teilen uns die Dienste auf, sind dann aber allein hier.“ Meist seien ein oder zwei gebärende Frauen zeitgleich zu begleiten. „Es können auch schon mal mehr werden, dann sind wir herausgefordert und profitieren besonders von unserer Berufserfahrung“, wie Völsgen erläutert.

Problematisch sei dann aber die „hochkomplizierte Abrechnung“. Das liege daran, dass Krankenkassen für die Abrechnung von Geburten maximal eine sogenannte 1:2-Betreuung vorgeben. Bedeutet: Auf zwei gebärende Frauen kommt eine Hebamme. Selbst wenn plötzlich eine weitere Frau an den Kreißsaal anklopft, könne die Hebamme nicht mehr abrechnen. Ein Dilemma, „denn wir sind dann selbstverständlich auch für diese Frau da, werden dafür aber nicht entlohnt“, geht Völsgen ins Detail. Eine 1:1-Betreuung, wie sie sich viele Hebammen, aber auch zum Beispiel der Verein Motherhood wünschen, sei „völlig illusorisch“ und „leider unmöglich“, wie Völsgen sagt.

Es herrsche inzwischen seit Jahren in Deutschland Hebammenmangel. Sie ist überzeugt davon, dass es weniger Kaiserschnitte gäbe, wenn eine intensivere Betreuung unter der Geburt gewährleistet werden könnte.

Abgewiesen wird in Wildeshausen übrigens keine Frau, wie Mandy Völsgen betont. Andernorts passiert das aber durchaus. „Wir bekommen regelmäßig Anrufe aus den umliegenden Kliniken, ob wir noch Frauen aufnehmen können.“ Die jüngste Schließung des Kreißsaals in Friesoythe habe sich hier übrigens kaum bemerkbar gemacht. „Es war viel stärker spürbar, als in Bassum keine Kinder mehr geboren werden konnten“, denkt die Hebamme zurück ins Jahr 2011. Seitdem gibt es im Landkreis Diepholz keinen einzigen Kreißsaal mehr.

Erfüllender Beruf

Mandy Völsgen ist auch trotz der Schwierigkeiten immer noch sehr gern Hebamme: „Es ist ein erfüllender Beruf, wir bekommen von den Familien auch häufig wirklich tolle und rührende Rückmeldungen. Ich glaube, der Wert einer Hebamme für eine werdende Mutter ist kaum hoch genug einzuschätzen.“ Ulrike Berg ergänzt: „Am Johanneum hat man sich bewusst dazu entschlossen, die Geburtshilfe aufrecht zu erhalten. Wir leben in einer ländlich geprägten Region. Es ist einfach wichtig, dass Frauen unter Hebammenbegleitung ihre Kinder bekommen können, ohne zu weite Wege auf sich nehmen zu müssen.“



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